Reise in den Süden Grönlands – Wandern zwischen Fjorden, Gletschern und Wikingerruinen

Es gibt diese Reisen, an die du immer wieder sehnsüchtig zurückdenkst. Die sich irgendwie so besonders angefühlt haben, dass du noch Jahre später von den Erfahrungen und den Bildern zehrst, die sich für immer in dein Hirn eingebrannt haben. Und ganz tief in dir drin weißt du, dass du eines Tages noch einmal wiederkommen möchtest.

Meine Reise in den Süden Grönlands war so eine Reise für mich, ein heimlicher, langgehegter Traum. Eine richtige Herzensreise. Keine Ahnung warum, aber diese Arten von Landschaften ziehen mich einfach magisch an!

Und, wie es sich herausstellt, liegt der Traum von Grönland näher, als man denkt: Von Island sind es nur mehr zweieinhalb Flugstunden, bis ich die zerklüftete Küste im äußersten Süden Grönlands aus dem Flugzeugfenster erspähen kann. Lange Gletscherzungen, die sich von der endlosen weißen Fläche des Inlandseises hinunter in die Fjorde schieben, die mit ihren Eisbergen aussehen wie weiß gesprenkelt. Der Anblick ist unglaublich.

Langsam kommen wir näher und nehmen Kurs auf eine einsame Landebahn im Nirgendwo, und plötzlich spüre ich, wie mir das Adrenalin durch den Körper schießt. Denn diesmal klebe ich nicht wie sonst beim Überflug über Grönland am Flugzeugfenster, sondern ich lande. Acht Tage Wandern, Paddeln, Ruinen der ersten Wikinger, eine Gletscherbegehung und Übernachtungen in einem Gletschercamp liegen vor mir, und mit etwas Glück auch Polarlichter – alles in der weiten Wildnis im Süden Grönlands, dort, wo Grönland tatsächlich grün ist.

Grönland ist anders als der Norden, den ich bisher kennenlernen durfte, also Teile von Skandinavien, Lappland, Island. Grönland fühlt sich ganz anders an. Nicht nur die Kultur, sondern auch die Landschaft unterscheidet sich deutlich. Mich hat es tief beeindruckt.

Überall ist Landschaft, Wildnis, Horizont.

Die Natur ist hier der Boss, und das lernt man auch sofort. Grönlands Landschaften lassen dich mit etwas connecten, das größer ist als du selbst, und das haut dich ganz schön um – im schönen Sinne. Doch seht und lest selbst!

Alle praktischen Reisetipps und Infos findest du am Ende des Artikels!

Ankunft in Narsarsuaq und Wanderung zum Gletscher

Dass die Natur in Grönland der Boss ist, erfahren wir schon beim Touchdown am Flughafen von Narsarsuaq, einer ehemaligen US-Militärbasis aus dem Zweiten Weltkrieg, die u.a. während der Berliner Luftbrücke als Auftankbasis diente. Der Wind ist so stark, dass wir das einzige Flugzeug sind, das an diesem Tag landen darf; an eine Überfahrt über den Fjord zu unserer Unterkunft ist nicht zu denken. Man tut also, was man hier vermutlich immer tut: Man fügt sich der Natur und improvisiert. Zum Glück gibt es auch in Narsarsuaq ein Hostel, in dem unsere kleine, bunt gemischte Reisegruppe von etwa zehn frohgemuten und abenteuerlustigen Reisenden einen Unterschlupf für die Nacht findet und wo wir uns bei einem grönländischen Bier näher beschnuppern können.

Am nächsten Tag hat sich das Wetter etwas beruhigt, eine Wanderung zu einem nahe gelegenen Gletscher steht auf dem Programm. Praktischerweise wandert man hier einfach direkt von der Haustüre los – Straßen gibt es in Grönland sowieso nicht und wenn, dann hören sie am Ortsende auf.

Voller Entdeckerlust stapfen wir durch die tundra-artige, von uralten Gletschern geformte Landschaft, deren karge Vegetation jetzt im September in den schönsten Herbstfarben leuchtet. Die Luft fühlt sich unglaublich frisch an, wir sind die einzigen Menschen weit und breit und umgeben von Stille. Klarer Höhepunkt der Tour ist ein Picknick oberhalb des Gletschers, der sich bis zum Horizont hinaufzieht auf das riesige Eisschild des grönländischen Inlandseises. Trotz Wetter-Improvisation ein gelungener Start der Reise!

Mit dem Boot nach Narsaq, vorbei an Eisbergen

Unsere nächste Station ist Narsaq, die mit immerhin 1.350 Einwohnern größte Siedlung der Gegend. Hier wollen wir einen Zwischenstopp einlegen, um uns mit Lebensmitteln einzudecken für die kommenden Tage, in denen wir in einer Gletscherbucht campen werden. Doch dafür müssen wir erst einmal zwei Stunden lang den Fjord hinunterschippern – und der ist nach dem Sturm ungewöhnlich voll mit Eis. Würden wir es überhaupt so weit durch den Fjord bis Narsaq schaffen?

Unser Zodiac-Schlauchboot entpuppt sich hierfür als gute Wahl, denn mit dem knallroten Gummiboot mit Außenborder lässt es sich tatsächlich relativ unkompliziert und wendig an Eisbergen vorbeischippern. In der Theorie zumindest. Tatsächlich hängen wir ein paar Mal fest, als sich Eis sogar in unserem Motor verfängt und mithilfe der Paddel freigeschoben werden muss.

Dennoch lässt uns der eiskalte Fahrtwind trotz der arktischen Parkas, die wir von unserem Touranbieter für die Bootsfahrten gestellt bekommen, unglaublich auskühlen. Meine Hände und Füße spüre ich nach einiger Zeit nicht mehr. Doch dann ist es geschafft – und ich freue mich, endlich die skandinavisch-bunten Häuschen von Narsaq zu erblicken, die mir aus der eisigen Einöde des Fjords freundlich entgegenleuchten. Mehr Zivilisation wird es auf dieser Reise nicht mehr geben.

Mit dem knallroten Gummiboot schlängelt es sich besonders gut durchs Eis.

So faszinierend: die Formen und Farben des Eises aus unmittelbarer Nähe beobachten!

Idylle und bunte Häuschen in Narsaq

Mein erster Eindruck aus Narsaq: Hier ist es entweder total trostlos, oder total idyllisch (vielleicht auch beides). Die  Häuser sind skandinavisch-bunt bemalt, Kinder strömen nach der Schule zum Spielen auf der Straße, Wäsche baumelt im Wind, Blümchen blühen am Wegesrand, unten am Hafen scherzen Fischer, während sie ihre Netze reparieren – leider kann ich sie nicht verstehen und sie mich nicht. Doch die Stimmung wirkt entspannt und heiter, während draußen im Fjord kleine Eisberge vorbeidümpeln.

Gespannt erwarte ich unseren Besuch in der örtlichen Supermarkt-Filiale und staune vor allem über zwei Dinge: die horrenden Preise, und die Gewehre, die hier völlig selbstverständlich in der Auslage stehen (neben den Medikamenten, wohlgemerkt). Man sei hier eben niemals sicher vor Eisbären, versichert mir unser Guide, obwohl so weit im Süden schon länger keiner mehr gesichtet wurde. Schade eigentlich, schießt es mir kurz durch den Kopf, doch da wir die nächsten Tage in der Wildnis campen wollen, ist das vielleicht auch ganz gut…

Nachdem Ausrüstung und Einkäufe sicher im Boot verstaut sind, heißt es wieder ab auf den eisigen Fjord.

Im Abendlicht erreichen wir unser Camp am Gletscherfjord.

Im Gletschercamp am einsamen Fjord: Wandern, Gletscherbegehung und Nordlichter

Die nächsten Tage verbringen wir in unserem Gletschercamp, das wunderschön auf einer Anhöhe am Ende eines einsamen Fjords liegt, umgeben von Gletschern. Ihre Gletscherzungen ragen bis in den Fjord und spicken ihn mit kleineren und größeren Eisbergen. Ich kann von dem Anblick der kargen und gleichzeitig so beeindruckend schönen Landschaft um mich herum nicht genug bekommen und würde am Liebsten einfach nur dasitzen und schauen. Eines Abends tue ich genau das, als plötzlich ein lauter Knall, wie ein extrem lautes Donnergrollen, durch die Bucht hallt. Kurze Zeit später erfahren wir, was eben passiert ist: Der große, mehrere Stockwerke hohe Eisberg mitten in der Bucht hat sich gedreht! Aufgrund der Entfernung kam der Schall verspätet bei uns an. Wir sind alle tief beeindruckt von dem spannenden Naturerlebnis. Zum Glück waren wir nicht gerade in der Nähe im Boot!

Übernachtet wird in fest installierten Kuppelzelten auf Feldbetten mit extrawarmen Schlafsäcken, gemeinsam gekocht und gegessen wird im Küchenzelt, dessen kleiner Ofen auch unsere einzige Quelle zum Aufwärmen ist. Nachts fällt das Thermometer jetzt im September auf den Gefrierpunkt bzw. leicht darunter, so dass ich nicht die einzige in der Gruppe bin, die nicht nein sagt, als mir ein Ersatz-Schlafsack als Zweitschlafsack angeboten wird. Gewaschen und Geschirr gespült wird im frisch sprudelnden Bach nebenan. Das Klohäuschen ist explizit nur für großes Geschäft, für Pipi sucht man sich ein Plätzchen in der Umgebung – Papier wird selbstverständlich wieder mitgenommen, weshalb wir alle immer mit einer Tüte bewaffnet lostigern.

Das Leben im Gletschercamp ist einfach, aber schön.

Hart wird es nur, als das Wetter umschlägt, die Klamotten irgendwann vom Regen durchweichen und man einfach nicht mehr warm werden will. Denn gewandert wird auch bei schlechtem Wetter. Und so geht es stundenlang durch strömenden Regen (mit ein bisschen Schneefall), durch eine neblige, mystisch-unwirkliche Landschaft, die mich sehr an die schottischen Highlands erinnert und ihren ganz eigenen Reiz hat. Ein plötzlich auftauchender Schneehase wirkt wie ein Bote aus einer anderen Welt – wir folgen ihm natürlich, weil man das schließlich so macht.

Follow the White Rabbit

Doch irgendwann ist auch die beste Outdoorausrüstung durchgeweicht (Grönland war für mich in diesem Punkt bisher der Härtetest). Die Stimmung ist gedrückt, ich fühle mich eiskalt und feucht und selbst alle meine Klamotten übereinander und der kleine Ofen im Küchenzelt scheinen mich nicht mehr wärmen zu können. Doch dann, am nächsten Morgen, wenn nach einer Schlechtwetterperiode zum ersten Mal wieder Sonne da ist, verwandelt sich diese Landschaft plötzlich in eine ganz andere Welt und alles ist vergessen.

Auch bei Schlechtwetter wird gewandert (hier: 6h Dauerregen und Schneefall)

Follow the white rabbit (könnte das Motto der gesamten Reise sein)

Leichter Schneefall und eine mystisch-unwirkliche Stimmung hoch überm Fjord

Abenteuer Gletscherbegehung

Was könnte es für ein genialeres Wetter geben für eine Gletscherbegehung? Vermutlich keins. Hurtig werden Steigeisen, Helme und Eispickel ins Zodiac gepackt und Aufregung macht sich breit: Heute werden wir dem großen Qualerallit-Gletscher, den wir die vergangenen Tage sehnsüchtig angestarrt haben, ganz nahe kommen! Die riesige Eiswand seiner Gletscherzunge wird immer größer, als wir mit dem Boot so nah wie möglich herancruisen, und ragt wunderschön, zerklüftet und hoch wie ein Hochhaus vor uns auf.

Nach der Anlandung an der Seite der Gletscherzunge schnallen wir uns die Ausrüstung an und stapfen vorsichtig los aufs Eis, immer schön im Gänsemarsch unserem Guide folgend. Ich finde Gletscher ja unglaublich faszinierend und versuche daher, auf Reisen jede Gelegenheit für eine Gletschertour zu nutzen. Das Schöne hier ist, dass es keine anderen Menschen außer uns und keine weitere touristische Infrastruktur am Gletscher gibt. Es gibt nur uns und die Natur, die kleinen Bäche und Seen aus Schmelzwasser, die Formen und Farben des Eises, kleine Spalten, Höhlen und das leise Knarren des Gletschers. Anschließend machen wir ein Gletscherpicknick direkt auf dem Eis in der warmen Sonne – kaum zu glauben, dass ich gestern noch so gefroren habe.

Perfektes Wetter für mein allererstes Gletscherpicknick

Den Abend verbringe ich allein am Ufer und genieße die Sonne, das Licht und die unglaubliche Atmosphäre dieses Ortes. Unterhalb unseres Camps liegt ein Strand mit Eisbergen, der mir vorkommt wie der schönste Strand der Welt. Um nichts in der Welt würde ich ihn in diesem Moment mit einem Strand in Thailand eintauschen (falls mir das jemand anbieten sollte). Die Eisberge sind wie kleine Skulpturen, scheinbar zufällige Kunstwerke der Natur.

Dieser Ort, die Eindrücke der letzten Tage, das ist es, was ich gesucht habe. Ich bin vollends glücklich und stoße mit einem grönländischen Feierabendbier mit mir selbst auf Grönland und das Universum an. In dieser Nacht sehen wir bei klirrender Kälte zum ersten Mal Nordlichter über der Bucht flimmern.

My kind of beach <3

An diesen Abend werde ich mich noch ewig erinnern.

Grönland kann auch Bier! Und Nordlichter sowieso.

Leider hatte ich das Stativ vergessen, doch… you get the picture!

Igaliku – Wandern zwischen Schafen und Wikingerruinen

Eine lange, eiskalte, aber dafür sonnige Bootsfahrt später landen wir erneut in einer hübschen Bucht an einem mit Eisbergen dekorierten Strand an. Von hier wandern wir 4 km auf der “King’s Road” nach Igaliku, vorbei an Schafen und grünen Weiden. Die Wikinger nannten den Ort Garðar und bauten hier im 12. Jhd. ihren ersten Bischofssitz in Grönland, die Überreste von Wikinger-Kathedrale und Bauernhof sind hier noch zu besichtigen. Heute hat die idyllisch gelegene Siedlung nur 27 feste Bewohner, die hauptsächlich von der Schafzucht leben. Schafzucht? Ja, richtig gehört!

Hier im Süden Grönlands wird das “grüne Land” entlang der Fjorde tatsächlich seinem Namen gerecht, so dass sogar Landwirtschaft und Schafzucht möglich sind. Diese einzigartige nordische und grönländische Landbaukultur inmitten arktischer Gefilde zählt daher zum Weltkulturerbe der UNESCO. Ich muss sagen, dass ich das alles vorher nicht wirklich wusste und mich freue, an diesem Tag eine für mich neue Seite an Grönland entdeckt zu haben.

Ankunft bei Igaliku nach einer eiskalten und wunderschönen Überfahrt

Auf der “King’s Road” wandern wir ca. 4 km nach Igaliku.

Grönland ist hier so grün, dass hier sogar Landwirtschaft und Schafzucht betrieben wird.

Die Ruinen der Wikinger-Siedlung von Igaliku

Auf den Spuren der Wikinger in Qassiarsuk – Wandern und Paddeln mit Eisbergen

Die letzte Station der Reise ist Qassiarsuk, eine Schafzüchtersiedlung am gegenüberliegenden Ufer des Fjords, an dem auch der Flughafen von Narsarsuaq liegt. Hier befand sich die erste Siedlung der Wikinger in Grönland namens Brattahlid, gegründet von Erik dem Roten vor 1.000 Jahren. Noch heute kann man hier ein rekonstruiertes Langhaus betreten und die rekonstruierte erste Kirche der Wikinger besichtigen – die erste auf grönländischem Boden. Eine überlebensgroße Statue des alten Leif Eriksson wacht immer noch hoch über dem Ort und blickt aufs Meer.

Qassiarsuk ist aber auch ein tolles Ziel für Wanderfans, denn in der Umgebung gibt es 120 km Wanderpfade. Vorbei an grünen Wiesen und Schafen führen sie zu Meeresfjorden, in denen kleine Eisberge vorbeidümpeln. Wir unternehmen hier eine wunderschöne Tageswanderung durch eine Landschaft, die mich ein bisschen an die Highlands in Schottland erinnert, und paddeln im Kajak vorbei an zahlreichen Eisbergen in den Sonnenuntergang. Doch seht selbst…

Hatte ich jemals einen schöneren Arbeitsplatz? Terrasse des Leif-Eriksson-Hostels in Qassiarsuk

Thront über Qassiarsuk/Brattahlíð: Leif Eriksson, der alte Wikinger

Sieht karibisch aus, fror aber nachts schon zu: Fjord in Qassiarsuk

Die Ruinen eines Wikinger-Langhauses (o.) und die rekonstruierte Kirche, die erste Grönlands (u.).

120 km Wanderpfade ziehen sich durch die grünen Fjorde bei Qassiarsuk.

Die Landschaft erinnert mich an die schottischen Highlands…

Ein Hostel am Fjord, ohne Warmwasser, aber mit umso besserer Aussicht

Ein weiteres Grönland-Highlight: Paddeln mit Eisbergen!

Nach einem Anfänger-Crashkurs geht’s ab aufs Wasser und auf Tuchfühlung mit Eisbergen

Paddeln in den Sonnenuntergang mit Eisbergen – kann es noch schöner werden?

Es kann.

Zum Abschied: ein traditionelles grönländisches Essen

Was essen in einem Land, in dem nichts wächst? Ich ahne es bereits, als an unserem letzten Abend von einem “traditionellen grönländischen Essen” die Rede ist. Triggerwarnung: Man isst traditionell Tiere. Robbenfleisch, Wal, aber auch Moschusochse und Fisch werden uns im Laufe des Abends serviert – immer in kleinen, kostbaren Portionen und sorgfältig zubereitet. Es gibt tatsächlich auch nichts anderes, außer Brot und ein paar kostbare grüne Salatblätter, die mehr wie Deko als wie Beilage wirken. Auch wenn ich zuhause nur wenig Fleisch esse und keine Notwendigkeit dafür sehe, ist das auf Reisen halt so eine Sache. Auf Reisen bin ich viel eher gewillt zu probieren – nicht nur, wenn ich Hunger habe und es eben nichts anderes gibt, sondern auch, weil ich mich nach der Kultur richten und nicht unhöflich erscheinen möchte. Vorsichtig koste ich alles.

Das Robbenfleisch sieht aus wie Lamm, schmeckt aber in Wirklichkeit nach Fisch, Moschusochse ein bisschen undefinierbar, wie Wild. Mein Favorit ist das Walfleisch, und ich schäme mich im Nachhinein, das zu sagen, aber es war das einzige, was ich wirklich richtig lecker fand. Es war zart und saftig wie ein gutes Stück Rind, und sah in rohem Zustand auch so aus. Es stammte von einem Minkwal. Für genügend Vitamine sorgt in Grönland der Walspeck mit dem schönen englischen Namen “Blubber”, der in kleinen Stücken gekaut wird. Er ist wider Erwarten ziemlich geschmacksneutral, als würde man auf einem harten, sehnigen Stück Schuhsohle herumkauen. Wir waschen ihn mit einem großen Schluck grönländischen Biers hinunter.

Währenddessen erzählt uns unser Guide mehr über die traditionelle Lebensweise und die Jagd, dass diese in punkto Jagdmethoden und Quoten streng reglementiert ist. Hier wird nichts als Trophäe gejagt, sondern alles gegessen und verwertet. Es sichert das Überleben in einem Land, in dem nichts wächst und in dem jegliche Nahrungsmittel erst über lange Strecken importiert werden müssen. Ich bin nicht stolz darauf, dass ich Wal gegessen habe und ich glaube nicht, dass ich es wieder tun würde, doch dieses traditionelle grönländische Essen war eine interessante Erfahrung und ich habe – wie so oft in diesem Land – viel gelernt.

Und ich kann es kaum erwarten, noch einmal wiederzukommen.

Essen in einem Land, in dem nichts wächst (im Uhrzeigersinn): Wal, Walspeck (Blubber), Seehund, Fisch.

Zum Abschied gibt auch die Natur nochmal alles: Knaller Sonnenuntergang und tanzende Polarlichter in der eiskalten Nacht. Hach, Grönland…

Reise in den Süden Grönlands – praktische Reisetipps und Infos

Anreise/Hinkommen:

Von Island sind es nur noch 2,5 Flugstunden bis in den Süden Grönlands. Ich empfehle daher, eine Reise nach Grönland mit einer Reise nach Island zu verbinden, da es quasi auf dem Weg liegt und sich der Flug dann auch lohnt. Ich bin mit Air Iceland von Reykjavik nach Narsarsuaq im Süden Grönlands geflogen. Der Hin- und Rückflug ab Reykjavik-Keflavik kostete etwa 200,- Euro. Wer nicht über Island anreist: Die übliche Flugroute nach Grönland führt über Kopenhagen.

Orga vor Ort und Touren

Da ich alleine unterwegs war, habe ich mich für eine geführte Tour eines lokalen Touranbieters entschieden. Tasermiut bietet aktive Outdoor-Touren in kleinen Gruppen (bis etwa 10 Personen) und in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden an. Die Gruppen sind international gemischt. Meine Gruppe bestand z.B. aus Spaniern und Engländern. Als Alleinreisende fand ich die Tour in der kleinen Gruppe mit Guide sehr gut und kann sie daher weiterempfehlen.

Es ist jedoch auch möglich, individuell zu reisen und vor Ort auf eigene Faust Wanderungen und Touren zu machen. Wichtig ist, dass ihr die Unterkünfte vorbucht, da es nur ganz wenig Infrastruktur gibt. Im Leif Eriksson Hostel in Qassiarsuk gab es z.B. Wanderinfos und die Möglichkeit, einzelne Touren zu buchen wie Ausritte, Kajaktouren, geführte Wanderungen und Bootstransfers über den Fjord. (Die sind wichtig, da es keine Straßen gibt und man sonst vom Flughafen nicht zum Hostel kommt). Wer nicht gerne in einer Gruppe unterwegs ist, kann z.B. über Tasermiut   auch individuelle Übernachtungen, Bootstransfers, Kajakverleih und Tagestouren online buchen (mehr Infos auf deren Website).

Kosten

Grönland ist (leider) ein teures Reiseland, etwa vergleichbar mit Island. Da es so abgelegen ist, sind Übernachtungen, Transport, Touren, Essen etc. deutlich teurer als bei uns und es muss alles über weite Strecken transportiert werden. Meine achttägige Tour kostete inkl. Transfer ab Island etwa 2.000,- Euro. Die Preise für die einzelnen Touren (auch Tagestouren und individuelle Bausteine) könnt ihr auf der Website von Tasermiut einsehen. Eine Übernachtung im Hostel in Qassiarsuk kostet ca. 41,-/Nacht im Mehrbettzimmer, mit Frühstück und Abendessen etwa 71,- Euro. Das ist zu empfehlen, da es nur einen kleinen Laden vor Ort gibt. In Narsaq gibt es jedoch einen etwas größeren Supermarkt. Der Bootstransfer vom Flughafen Narsarsuaq nach Qassiarsuk kostet 25,- Euro pro Person, nach Narsaq von Narsarsuaq oder Qassiarsuk 79,- Euro.

Die beste Reisezeit & Wetter

Aufgrund des arktischen Klimas liegt die ideale Reisezeit für Grönland zwischen Juli und September. Das Wetter ist extrem unberechenbar und so kann im Sommer zwischen Sonne und 15-20 Grad und einstelligen Temperaturen, Sturm und Schneefall alles dabei sein – ich habe alles erlebt. Manchmal alles an einem Tag! Generell ist es zwischen Juli und Mitte August am wärmsten. Ich war zum Ende der Saison ab Mitte September dort, so dass wir schöne Herbstfarben hatten. Allerdings wurde es nachts schon empfindlich kalt und am Ende der Reise fing der Fjord nachts bereits an, zuzufrieren. Dafür hatten wir das Glück, Nordlichter zu sehen… hat eben alles Vor- und Nachteile. Zum Campen würde ich beim nächsten Mal aber einen etwas wärmeren Monat vorziehen.

Kleidung & Ausrüstung

Für Grönland braucht ihr unbedingt Outdoor- bzw. Funktionskleidung im Zwiebelprinzip. Wichtig sind eine wind- und wasserdichte Jacke, gute (wasserdichte) Wanderstiefel und eine Regenhose über der Wanderhose. Mit ins Gepäck gehören Wollsocken, Mütze, Stirnband und Handschuhe (Trekkinghandschuhe reichten bei mir, bei Regen konnte ich sie aber auswringen…). Für Schlechtwettertage, die Bootsfahrten und für nachts packt noch Leggings bzw. lange, warme Skiunterwäsche ein sowie warme Fleecepullis und eine warme Jacke, z.B. eine Daunenjacke.

Tagsüber reichte meist ein Wanderoutfit aus Wanderhose, Funktions-T-Shirt, Longsleeve aus Merinowolle und Hardshell-Jacke sowie einer Mütze für den Kopf. Bei gutem Wetter wurde es beim Wandern sogar richtig warm! Dafür kühlt man bei den Bootstransfers auf dem Fjord im eisigen Fahrtwind so dermaßen aus, dass uns extra dafür noch arktische Parkas zum Drüberziehen gestellt wurden (und mir auf dem Boot trotzdem immer noch eiskalt war). Ich bin aber auch generell ziemlich verfroren, so dass ich bei solchen Reisen lieber immer warme Sachen dabeihabe. Schaut euch am besten meine Packliste für Island an, da findet ihr alles Wichtige!

Da uns die gesamte Ausrüstung zum Campen wie Zelte und Feldbetten, warme Schlafsäcke und Essen, Kochzeug und Kajakanzüge vom Touranbieter gestellt wurde, musste ich dafür zum Glück nichts extra mitbringen. Wichtig sind auch genügend Kameraakkus sowie Powerbanks zum Laden des Smartphones, denn im Gletschercamp hatten wir keinen Strom. Empfang gab es keinen, das Internet im Hostel war teuer und extrem langsam. Stellt euch daher darauf ein, in Grönland offline zu sein – was eigentlich auch mal ganz schön ist und euch das ganze Abenteuer noch viel intensiver erleben lässt!

Weiterlesen:

Würdest du nach Grönland reisen oder warst schon einmal dort? Dann schreib mir, ich freue ich mich über einen Kommentar!

Offenlegung: Meine Reise wurde von Visit Greenland und Tasermiut unterstützt, die mich zur Recherche auf die Tour eingeladen haben (unbezahlte Werbung/Pressereise). Vielen Dank dafür! Alle Ansichten sind wie immer meine eigenen.

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6 Kommentare

  • Anja sagt:

    Wow! Was für eine beeindruckende Reise und tolle Bilder! Mich erinnert es gerade vom Licht und den Herbstfarben her sehr an Island, das Eis und die Gletscher passen da ja auch echt gut. Ich war 2016 in Island und davor war mir auch nicht klar, dass es von dort nach Grönland ja nur noch ein kurzer Flug ist. Lustig, wie falsch die Entfernungsvorstellungen manchmal sind. Gerade wünsche ich mir nur, einfach wieder “normal” in Europa reisen zu dürfen, aber irgendwann steht vielleicht auch mal Grönland auf dem Plan… spannend hört es sich definitiv an!
    Liebe Grüße von Anja

    • Susi sagt:

      Liebe Anja, vielen Dank, das freut mich von Herzen! Ja, ich denke, wenn man island mag, wird man Grönland vermutlich auch mögen – auch wenn es sich wirklich anders angefühlt hat als die anderen Orte in Skandinavien, an denen ich schon war. Ich hoffe auch, dass man in naher Zukunft wieder sicherer und unbeschwerter in Europa reisen kann, und dass ich dann auch nochmal nach Grönland zurückkehren kann. <3

  • Nicole sagt:

    Hallo liebe Susi,
    wow, ein toller Bericht und so beeindruckende Bilder! Beim lesen hatte ich eine Achterbahnfahrt an Emotionen, ein ständiges ‘wow, sooo schön’ hin zu ‘puh, so kalt’. 🙂 Ich als super verfrorene Vegetarierin würde dort erfrieren oder verhungern, je nachdem was eher eintritt :)) Zu allem Übel gibt es nicht mal warmes Wasser im Hostel oder Strom für den Fön. Brrrr. Völlig durchnässt im kalten Regen und Schnee wandern? Da würde man mich keinen Meter vom Fleck bewegen. Vlt wäre ja ein Tagesausflug nach Grönland was für mich :))) Auf einen Gletscher zu wandern, die atemberaubende Natur, fast keine anderen Menschen, am Abend alleine in der Bucht sitzen und einfach nur genießen, ja, das wärs!
    Sag mal, auf Island, bzw in Reykjavik war ich so enttäuscht, dass die bunten Häuser gar nicht aus Holz sind, sondern aus Metall. Ist das auf Grönland auch so? Wald gibt es dort ja sicher genauso wenig wie auf Island.
    Liebe Grüße
    Nicole

    • Susi sagt:

      Liebe Nicole,
      vielen lieben Dank, ich hab mich sehr gefreut über deinen Kommentar und musste ein paar Mal echt schmunzeln! 😉 Also ich bin ja auch sehr verfroren und habe daher zum Glück ein paar Schichten extra eingepackt – ich sag nur Schlafen in zwei (!) Polarschlafsäcken übereinander. Kann ich. 😉 Mit der richtigen Ausrüstung auch für uns Frostbeulen geht es – unberechenbar ist halt nur das Wetter, das natürlich zwischendurch echt auf die Stimmung schlagen kann, gerade in solchen Reisezielen. Aber darum geht es ja bei so einer Reise auch ein Stück weit: Die eigene Komfortzone mal verlassen, und die Kraft der Natur spüren.

      Eigentlich fand ich die Tour gar nicht so extrem, muss ich sagen. Man muss ja auch nicht erst zum Saisonende Mitte September fahren wie ich! Bzgl. Ernährung passen sich die Guides übrigens an, das kann man im Vorfeld klären. Und zur Not hab ich eh immer ein paar Snacks (Müsliriegel & Co.) bei so Wanderreisen dabei. Mit der richtigen Ausrüstung ist es gut machbar, und man muss ja auch keine Tour buchen, wo man draußen campt. 😉 Manche der Häuser waren glaub ich tatsächlich aus Holz, glaub ich (importiert wie fast alles, vermute ich…). Liebe Grüße!

  • masha sagt:

    WOW, mein absoluter Traum. Ich liebe ja auch die kühleren Regionen ganz besonders. Grönland ist auch noch so ein absoluter Herzenswunsch.

    • Susi sagt:

      Vielen lieben Dank – so geht es mir auch! Die rauheren, kühleren Gefilde haben es mir auch besonders angetan. Ich möchte auf jeden Fall wieder hin!

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