Freeriding für Einsteiger am Stubaier Gletscher in Tirol

Stubaier Gletscher Skifahren

“Mal a bissel eini droppen” soll ich hier, hat der Bergführer gesagt. Deshalb balanciere ich auch auf einem vereisten Felsvorsprung. Auf Skiern und festgekrallt an Skistöcken, wohlgemerkt, um mich herum ein weiß verschneiter Hang im Hochgebirge.

Eigentlich ist es nur ein kleiner Sprung nach unten, wo fluffiger Tiefschnee auf mich wartet (das hoffe ich zumindest). Doch was für andere völlig normal ist, die zwischen Piste und Off-Piste wechseln wie ich die Spuren auf der deutschen Autobahn, ist für mich völliges Neuland: Wir befinden uns abseits der Piste, und da lauert bekanntlich das Unbekannte unterm Schnee. Felsen, Lawinen, Gletscherspalten – aber eben auch Natur und Freiheit und Abenteuer.

Freeriden: die Sehnsucht nach Natur, Freiheit und Abenteuer

Nachdem ich letztes Jahr nach über 13 Jahren in Tirol den Wiedereinstieg auf die Ski gewagt habe, fühle ich mich jetzt bereit für den nächsten Schritt. Deshalb bin ich einen ganzen Tag mit Patrick vom Freeride Center Stubai am Stubaier Gletscher in Tirol unterwegs, der mir zeigen soll, wie ich abseits der Pisten in freiem Gelände und in tiefem Schnee Skifahren kann – neudeutsch auch “Freeriding” genannt.

Eigentlich ist Freeriden aber nichts anderes als Skifahren “back to the roots” – wie früher eben, als es noch keine präparierten Pisten gab. Man fährt frei in freier Natur und zieht vielleicht sogar die allerersten Spuren in einen unberührten Pulverschnee-Hang.

Powder, Baby!

Ausprobieren kann man das Ganze am Stubaier Gletscher besonders gut, mit Schneesicherheit auf ca. 3.000 m Höhe, flachen Hängen und genug Platz für mehrere kartographierte Freeriding-Routen (mit Karte und App), die sich gut für Anfänger eignen und so liegen, dass man praktischerweise die Lifte und Bahnen nutzen kann und nicht zu Fuß aufsteigen muss (find ich ja super.)

Die schönsten und spektakulärsten Routen dort oben in der Bergwildnis und im Backcountry liegen weit abseits der Lifte, doch die sind für die Profis, und nicht für die “Rookies” (= “Anfänger”) wie mich. Bei mir ist jetzt eher erst mal “Chicken Line” statt Abenteuer angesagt.

Obligatorisch: Die richtige Vorbereitung und Ausrüstung

Bevor es losgehen kann, müssen beim Freeriden erst mal ein paar Vorkehrungen getroffen werden: Wetter- und Lawinenbericht checken (obligatorisch!), Schneelage und Hänge sondieren (z.B. nach Triebschneeansammlungen. Schon aus Gondel und Lift schauen wir uns die Hänge genau an), und natürlich die richtige Ausrüstung, die ich zum Glück oben an der Bergstation leihen kann: ein Rucksack mit Schaufel und Sonde, ein Lawinenverschütteten-Suchgerät (“Pieps”), Mobiltelefon mit Notfall-App, ein Helm und spezielle, lange, breite Ski mit aufgebogener Spitze. Patrick hat sogar einen Lawinenairbag im High-Tech-Rucksack.

Und, last but not least: die Sicherheitseinweisung und ein Training zur Lawinenverschüttetensuche, für das wir am Stubaier Gletscher sogar in einem speziellen Trainingsgelände rumbuddeln können, wo wir üben, potenziell verschüttete Kameraden zu orten und auszugraben. (Ich bete, dass ich das nie in Echt machen muss.)

Freeriding Ausrüstung: Schaufel, Sonde, Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Lawinenairbag

Dann geht’s aber endlich los: Wir nehmen ganz unspektakulär den Lift und fahren zum Warmwerden erst mal eine Piste ab. Und dann, fast schon ohne es zu merken, verlassen wir die markierte Piste und sind im Gelände!

Powder, Baby!

Die Sonne scheint und wir sind mitten drin in einem Postkarten-Bergpanorama, keine anderen Leute weit und breit und und es gibt sogar frischen Pulverschnee. Der ist ganz leicht und nicht allzu tief, und ich bin ehrlich gesagt überrascht, wie einfach das hier geht. Patrick fährt als Freiwilliger voraus, das Terrain sondierend. Ich fahre konzentriert hinterher und gleite total easy durch den Schnee, ohne mich ein einziges Mal hinzulegen. Und Lawinen gibt’s bei uns heute auch nicht. Perfekt!

Dann finden wir einen tollen, jungfräulichen Pulverschnee-Hang. Während ich mit Skiern aufsteige, um eine bessere Sicht zu haben, kriegt Patrick die “First Tracks”:

First Tracks Freeriding Stubaier Gletscher

Freeridecenter Stubai Patrick Ribis

Am Gletscherrand entlangcruisen, mit Panoramablick ins Stubaital. Why not?

Einfach mal “eini droppen”

Ob ich den Sprung von meinem Mini-Felsvorsprung gewagt habe? Klar. Unten hat mich tatsächlich fluffig-weicher Pulverschnee aufgefangen, es hat mich nicht zerlegt und ich bin sogar in einem unerwartet eleganten Schwung weitergefahren. Am Liebsten hätte ich immer weitergemacht und gleich nochmal den ein oder anderen kleinen Sprung mitgenommen. Offensichtlich habe ich mich an dem Tag auch nicht allzu dumm angestellt: Patrick zeigt sich zufrieden und meint, ich könne jederzeit bei einer seiner Rookie-Gruppen oder mehrtägigen Camps mitfahren.

Ich bin heimlich ein kleines bisschen stolz. #BlackDotSki Challenge, Level 2: check.

Nachtrag: Zwei Tage später hat ein schwerer Skiunfall (allerdings auf der stinknormalen Piste) meine Ski- und Freeride-Karriere erst einmal jäh beendet. Zumindest für dieses Jahr. Aber ich hoffe ja schon heimlich auf mein Comeback…

Infos

Freeride Center Stubai: www.freeridecenter-stubai.com

Freeride-Infos für den Stubaier Gletscher gibt’s hier beim Powder Department.

Hinkommen: Mit dem Auto oder mit der Deutschen Bahn nach Innsbruck, von dort noch 45 Min. weiter ins Stubaital. Der Stubaier Gletscher liegt ganz hinten im Tal, die nächste Ortschaft beim Skigebiet ist Neustift. Vom Hauptbahnhof in Innsbruck fahren alle 30 Minuten Busse nach Neustift (Fahrtdauer ca. 50 Min.). Von Neustift (und den umliegenden Orten) fahren regelmäßig Skibusse zur Talstation.

Übernachten: Hotel Angelika, Neustift im Stubaital, www.hotel-angelika.com

Meine Reise wurde ermöglicht von: Stubaier Gletscher, Tirol Werbung und Freeride Center Stubai.

Bilder 5 & 10: Patrick Ribis, Freeride Center Stubai

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17 Kommentare

  • Franzi sagt:

    Wow…das wäre wirklich ein Traum von mir. Ich hatte allerdings auch eine sehr lange Ski-Auszeit, und sollte erstmal wieder ein bisschen auf der Piste üben 🙂 LG Franzi

    • Susi sagt:

      Hi Franzi, ja, das kann nicht schaden! Ich fand es aber auch gut, dass ich direkt am 1. Tag schon Freeriden war, als ich noch fit und frisch war und die Muskeln noch nicht müde. Da ist man einfach konzentrierter und überschätzt sich nicht so leicht. Probier es einfach mal aus! LG

  • Howdy!
    Ich schreibe es jetzt einfach mal unter diesen Beitrag, ich wusste sonst nicht wohin damit.

    Ich wollte dir nur sagen, dass mir dein Blog sehr gut gefällt! Auch ein WordPressER 😉
    Nein wirklich, finde den Blog toll, von der Aufteilung, Design allgemein, her. Vom Inhalt ganz zu schweigen natürlich 🙂

    weiter so.

    Mit den modischsten Grüßen, Matthew!

  • Charlotte sagt:

    Wunderschöne Bilder, haben mich an meinen letzten Urlaub in Meran erinnert. Danke!

  • Jo sagt:

    Oh wow! Traumhafte Bilder. Das würde ich auch gerne mal machen!!! (Allerdings mit dem Snowboard…) 🙂

  • Paleica sagt:

    ich war 2009 das letzte mal schifahren und weiß so gar nicht, ob ich es noch kann. ich will es aber eigentlich noch nicht aufgeben, denn ich hab es immer sehr geliebt.
    dein schiunfall klingt böse – beeindruckend, dass du so “kurze” zeit später schon wieder beim inselhopping auf den beinen bist!

    • Susi sagt:

      Danke! Ich bin 2013 nach 13 Jahren Ski-Abstinenz wieder eingestiegen und habe es (trotz Unfall) nicht bereut! Man braucht wieder etwas Erfahrung, aber ansonsten kommt man wirklich sehr schnell wieder rein – am besten einen Guide nehmen und ausprobieren! Ja, ich bin auch sehr froh, dass ich mich nach dem Unfall wieder bewegen und reisen kann – wenn auch mit Einschränkungen. Doch wenn man ein Ziel vor Augen hat, geht so einiges. 😉

  • Hi Susi

    super geschrieben. 🙂
    Falls du Lust auf mehr hast, besuche doch mal unser Online Magazin. Hier gibt es ganz viele Tipps zum Freeriden. Natürlich inklusive der besten Freeride Hot-spots. 🙂

  • Dori sagt:

    Aaaahhhhh, bei diesem Artikel läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
    Ich hatte für dieses Jahr eigentlich auch eine Freeride-Tour gebucht, aber diese musste wegen Schneemangel leider abgesagt werden 🙁

    • Susi sagt:

      Ach wie schade! Das war das Gute am Stubaier Gletscher: Wir hatten auch noch nicht sooo viel Schnee (war erst kurz nach Saisonbeginn), aber es reichte bereits zum Freeriden, danke der Höhe bis über 3.000m. Ich hoffe, du bekommst diesen Winter noch eine weitere Gelegenheit!

  • Lara Stein sagt:

    Danke, Susi, für den tollen Beitrag. Ich habe direkt wieder Fernweh bekommen. Ende des Jahres geht es dann endlich wieder los und ich freu mich schon riesig, wieder ein paar Freeride-Touren mitzumachen. Bis dahin muss ich mich aber leider noch ein bisschen gedulden.

  • Hallo Susi, danke für den Beitrag zum Freeriding. Wir sind für unseren nächsten Winterurlaub auch auf der Suche nach einem Hotel, bei dem man in der Nähe Freeriding machen kann. Wir wollen einen Mix aus Lodging und Sport. Deine Tipps für die Vorbereitung finde ich super, z. B. hätte ich nie an eine Notfall App oder einen Lawinenairbag gedacht. Der nächste Urlaub kann kommen.

  • Wir wollen über Weihnachten Urlaub im Stubaital machen. Da ist es toll zu erfahren, dass es dort einen Freeride Park gibt. Nun brauchen wir nur noch ein nettes Hotel, möglichst in Neustift.

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